Im letzten Jahr habe ich ein Studium als angehende Grundschullehrerin begonnen. Auch wenn ich aus finanziellen Gründen das Studium abbrechen musste (siehe hierzu meinen Beitrag 'Mein Kampf in die finanzielle Unabhängigkeit ') und mich nur ein Semester lang an dem Studentenleben erfreuen konnte, habe ich dennoch viel daraus gelernt.
Ein Großteil meiner Mitstudenten ist zwischen 18 und 19 Jahre alt gewesen, da sie frisch nach dem Abitur an die Universität kamen. Dadurch war ich offiziell die Älteste mit meinen 27 Jahren.
Es gab nur eine weitere Studentin unter mehr als 600 die mein Alter hatte. Lustigerweise lernte ich sie schnell kennen und wir fanden heraus, dass wir dieselben Leute kennen.
Doch das half mir auch nicht besonders weit, denn während des Studiums ist man sehr auf sich selbst gestellt.
Viele Studenten haben sich durch mein Alter unwohl gefühlt und sie gestanden mir im Nachhinein, dass sie sich von mir eingeschüchtert gefühlt haben, da ich weitaus mehr Erfahrung hätte als sie. Nun, vielleicht habe ich mehr Lebenserfahrung, doch ich merkte schnell, dass ich es im Studium nicht besonders leichter hatte. Im Gegenteil, ich hatte enorme Schwierigkeiten mit der Technik und viel Unterstützung von meiner Lerngruppe benötigt, da ich nicht auf dem neuesten Stand war.
Was ich als besonders nervig empfunden habe, war der Umgang mit sozialen Medien. Ich kannte die App BeReal vorher nicht.
Erklärung der App: Die App fordert einen auf, zu einer bestimmten Uhrzeit ein Foto von sich selbst als Selfie und dann von der Umgebung zu machen, um es anschließend an andere aus der Freundschaftsliste zu verschicken. Doch wann dieser Augenblick ist, kann niemand vorher sehen.
Auch wenn ich die App nicht selbst genutzt habe, fühlte ich mich dauerhaft von ihr beobachtet, weil ich nie auf dem nächsten Real meiner Mitstudenten fehlen durfte.
Ich führte viele Gespräche, während mein Gegenüber am Handy saß und ich kann mich an keine Vorlesung erinnern, wo nicht mindestens einmal eine private Nachricht geschrieben wurde.
Was sich hier sehr negativ anhört, ist gleichzeitig eine starke Bewunderung, wie gut die jungen Leute multitaskingfähig sind. Sie verloren bei allem, was sie taten, nie den Fokus. Sie machten einfach alles gleichzeitig. Während mich der Umgang mit dem Handy verunsicherte, stärkte es meine Mitstudenten. Der regelmäßige Austausch unter ihnen stärkte die Gruppe und die Beziehungen untereinander.
Außerhalb der Prüfungsphase hatte ich sehr viel Freizeit und während der Prüfungsphase habe ich oft vergessen, etwas am Tag zu essen. Dieses Auf und Ab, zusätzlich zu meinen existenziellen Ängsten durch mein fehlendes Einkommen, brachten mich an meine Grenzen.
Ein Studentenleben ohne Partys ist für viele undenkbar und auch ich war bei einigen Feiern innerhalb der Woche dabei. Ich erinnere mich an einen Abend, an dem ich um 7 Uhr morgens nachhause kam und um 9 Uhr wieder in der Uni war.
EINFACH SCHRECKLICH. Das tat ich auch nur einmal.
Ich glaube, ich war schon immer eher eine gemütliche Person, die das Feiern gehen jetzt nicht so benötigt. Doch es war so schwer für mich, Anschluss zu finden, dass ich meine Gruppe nicht enttäuschen wollte und oft mitkam.
Wir haben in der heutigen Zeit viele Möglichkeiten neu anzufangen und neue berufliche Wege einzuschlagen. Doch niemand redet darüber, wie schwer das Ganze wirklich ist. In diesem Beitrag berichte ich nur einen kleinen Teil von all dem, was ich während des Studiums erlebt habe, doch diese Zeit hat mich stark geprägt.
Ich bin dankbar, dass ich so tolle Leute kennenlernen konnten, die mich mit offenen Armen in der Gruppe aufgenommen haben und auch wenn ich anders mit digitalen Medien aufgewachsen bin und mich eher davon distanziere, konnte ich mal eine andere Perspektive einnehmen und auch einige Vorteile darin erkennen. (Und ja, ich selbst produziere Content auf sozialen Medien, aber ich versuche mir so wenig wie möglich anzuschauen).
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